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Künstler

Hermann Huber

TIRING, 2006. Installation (Fotoserie und Video).

Hermann Hubers Videoarbeit TIRING bewegt sich zwischen Dokumentarfilm und Doku-Fiktion. Die Arbeit taucht in das komplexe Gewebe von Geschichte und Geschichten rund um eines der spektakulärsten Gebäude in Ägyptens Hauptstadt ein: das Tiring-Gebäude am Attaba-Platz. An der Schnittstelle von Alt- und Neustadt gelegen, war das Tiring-Gebäude, gekrönt von einer von vier Atlasfiguren getragenen gläsernen Weltkugel, einst Epizentrum des Handels der arabischen Welt sowie Luxus- und Modetempel. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs begann das Tiring-Imperium zu bröckeln. Das elegante Kaufhaus wechselte in den darauf folgenden Jahrezehnten mehrmals den Eigentümer. Eine zeitlang konnte die Illusion von Luxus und Überfluss aufrecht erhalten werden, bis sich in den 1960er und 1970er Jahren die Illusion eines Lebens in Seide und Perlen in Luft auflöste und der Attaba-Platz ebenso wie das Tiring-Gebäude zu einem Elendsviertel verfielen. Der Fotograf und Dokumentarist Huber beraubt das vierstöckige Flaggschiff des Welthandels aus der ersten Epoche der Globalisierung, die vor allem die Ausplünderung der Kolonien meinte, seiner sowohl symbolischen wie auch materiellen Qualitäten und zerlegt es in eine Reihe aus unterschiedliche Blickwinkel heraus festgehaltenen Sequenzen.

(Auszug aus einem Text von Thomas Mießgang)

* 1966 in Wien, lebt und arbeitet in Wien